Chronik - 1940-1949

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Die Jahre 1940-1949

Doch trotz der Kriegswirren, die manchen Sportfreund und ehemaliges Vereinsmitglied nicht wiederkehren sahen, Not und Schmerz, Mangel und Entbehrungen, fanden sich 1945 wieder Sportfreunde, die durch Antrag bei der damaligen Militärbehörde die Wiederzulassung des Vereins erwirkten. Nur konnte der Verein durch damalige Erlasse nicht die alte Tradition fortsetzen und nannte sich zunächst „Sportverein 1945 Ueberau".

Am 19. Oktober 1945 fand im Gasthaus „Zum Anker“ die Versammlung zur Neugründung der Sportgemeinschaft 1945 Ueberau statt. Der vor 1933 gewesene 1. Vorsitzende Adam Büdinger wurde erneut zum 1. Vorsitzenden gewählt. Der Monatsbeitrag für Mitglieder über 18 Jahren wurde auf 0,50 RM festgelegt.

Auch nach 1945 spielte der Verein im gesellschaftlichen Leben der Gemeinde eine zentrale Rolle. Neben den Aktivitäten im Verein gab es für meisten Ueberauer kaum Freizeit. Die Zeit, die neben der täglichen Lohnarbeit, übrig blieb, musste fast vollständig dafür genutzt werden, die nötigen Lebensgrundlagen zu schaffen. Aber auch im Verein wurde viel gearbeitet, es mussten erst einmal die Vorraussetzungen für Sport und Kultur geschaffen werden.
Insbesondere die Jugend war auf dieses Angebot angewiesen, da die finanziellen Verhältnisse und die geringe Mobilität es nicht erlaubten die Freizeit in den benachbarten größeren Gemeinden oder Städten zu verbringen.

Die wichtigste politische Funktion des Vereins bestand wohl weniger in seinen unmittelbaren politischen Aktivitäten als vielmehr in seiner Bedeutung als „Kommunikationszentrum“ der Arbeiterfamilien in der Gemeinde.

Jedoch der bestimmende Faktor im gesamten Vereinsgeschehen war nach 1945 der Fußball.
Nach und nach kamen junge und talentierte Spieler der älteren Jahrgänge aus dem Krieg und der Gefangenschaft zurück und wurden ergänzt durch Spieler, die der Krieg mit seinen Auswirkungen nach Ueberau verschlagen hatte. Mit diesem ersten Kader wurde eine Mannschaft formiert und schon im Sommer 1945 das erste Spiel gegen Georgenhausen ausgetragen.

Die Beschaffung von Fußballschuhen, Bällen und Trikots waren in dieser Zeit sehr problematisch. Die Fußballer hatten insofern etwas Glück, dass sie in dem ausgebombten Herrn Hasslinger aus Offenbach einen Fußballmäzen gefunden hatten, der immer etwas „herbeischaffte".

Ganz ohne Trainer hatte die SG Ueberau mit ihrer Fußballarbeit eine starke und einsatzfreudige Mannschaft geformt, die in der Spielrunde 1945/46 die Kreismeisterschaft im Fußballkreis Darmstadt erringen konnte. In den Spielrunden 1946/47/48 spielte die Mannschaft der SG Ueberau in der Bezirksklasse Odenwald, wo gute Tabellenplätze erreicht werden konnten.

Gleich zu Beginn wurde auch der Jugendfußball forciert. In einer Jugend- und einer Schülermannschaft hatte jeder fußballbegeisterte Jugendliche die Möglichkeit, sich aktiv am Fußballgeschehen in Ueberau zu beteiligen. Die damalige Jugendmannschaft spielte einen erstklassigen Fußball und konnte im Bezirk Darmstadt den Titel eines Bezirksmeisters vor Darmstadt gewinnen.

Die Leichtathletikabteilung musste nach etlichen Anläufen den Betrieb wieder einstellen. Hauptursache war das Fehlen von entsprechenden Anlagen und Geräten, wobei auch diejenigen Sporttreibenden, die Leichtathletik vorrangig betreiben wollten, nicht genügend motiviert waren.

Anders die Schachabteilung. Sie hatte ältere, erfahrene Spieler, die auch junge Talente begeistern konnten. Spitzenspieler Georg Borger spielte schon in einer Mannschaft aus Vertretern hessischer Schachspieler, die gegen den sowjetischen Großmeister Bogoljubow in der Ludwigshalle in Dieburg an 36 Brettern simultan spielten. Georg Borger gelang der einzige Sieg gegen den Schachstrategen aus der Sowjetunion. Talentierte Jugendspieler wie Willi Meyer, der hessischer Jugendmeister war, konnten von älteren Schachspielern angeleitet werden. Die Schachabteilung war auch kulturell tätig, indem sie immer den allseits beliebten und bekannten „Schachmaskenball" veranstaltete. Dieser Preismaskenball war der Karnevalhöhepunkt im südlichen Kreis Dieburg.

Die neugegründete Theaterabteilung wurde nach 1945 von Jakob Edelmann geleitet. Der Theaterabteilung schloss sich eine Tanzgruppe an, die von Frau Paul bis zu „Spitzentänzen" trainiert wurde. Theaterabteilung und Tanzgruppe wurden später gemeinsam von Fritz Heiß betreut, der mit
beiden beachtliche Erfolge erzielte.

Schon im Jahre 1946 erfolgte der Zusammenschluss mit dem noch formal existierenden „Männergesangverein 1862 Ueberau". Aus dem Kriege zurückgekehrte Sänger des Männergesangvereins 1862 Ueberau betätigten sich als Chorsänger in der Gesangsabteilung der Sportgemeinschaft. Aus dem Chorgesang heraus bildete sich später eine Gesangsgruppe, genannt die „Schlagerfreunde", die anlässlich von Fest- oder Feierlichkeiten in Erscheinung treten. Vorläufer dieser Gesangsgruppe waren die „8 Jungsänger".

Die Gesangsabteilung war mit der Theatergruppe der kulturelle Träger des Vereins nach 1945. Auch andere Spartenmitglieder waren als aktive Sänger tätig. Problematisch wurde es im Vereinslokal „Zur Germania“ in den Wintermonaten, da vor jeder Singstunde beizeiten der große eiserne Ofen angesteckt werden musste, um überhaupt die Singstunde durchführen zu können. Bei extrem großer Kälte benutzten die Sänger einen Schulsaal.

Durch die auch in der personellen Identität Adam Büdingers als Bürgermeister und Vereinsvorsitzender in der Zeit von 1948 bis 1960 ausdrückende enge Verbindung zwischen Verein und Gemeindeverwaltung erhielt der Verein quasi ein Monopol auf die Gestaltung des öffentlichen Lebens in der Gemeinde. Dies führte dazu, dass fast alle wichtigen gesellschaftlichen Ereignisse, wie das Sommernachtsfest, der Karneval etc. durch den Verein ausgerichtet wurden.

Bei der Generalversammlung im Jahr 1947 waren ausnahmsweise nicht alle, sondern nur ca. 50% der Mitglieder anwesend. Der Grund für das Fernbleiben der weiteren Mitglieder war dem Mangel an Heizmaterial zuzuschreiben.